Seit 35 Jahren betreibt Klaus Rienesl Ahnenforschung. Und bis heute ist es ein großes Hobby des frischgebackenen Pensionisten – und zwar immer in jenen Monaten, in denen er seine Zeit nicht im Garten verbringt. „Warum ich mit der Ahnenforschung begonnen habe, hat persönliche Gründe. Mein Vater war ein Heimatvertriebener, ein Sudetendeutscher aus Deutsch-Reichenau (heute Rychnov u Novych Hrdu), der sich nach seiner Flucht in Leonding niedergelassen hat. Ich kannte meine Wurzeln zwar, aber ich wollte mehr wissen. Und wenn man einmal anfängt, in der Vergangenheit zu forschen und die ersten Erfolge feiert, dann wird man regelrecht süchtig danach“, erklärt der sympathische, gebürtige Leondinger.
Was ist Ahnenforschung?
Wo beginnt man und wie geht man vor, wenn man Nachforschungen zur Familiengeschichte anstellen möchte? „Für uns Ahnenforscher gibt es drei wichtige Dokumente, die wir für unsere Recherche verwenden: das Geburtenbuch, Sterbebuch und Trauungsbuch. Und die Kurrentschrift muss man lernen, ansonsten braucht man gar nicht anzufangen“, weiß der routinierte Ahnenforscher. „Heute sind diese Dokumente weitestgehend digitalisiert und online in der Matricula-Datenbank des Landesarchivs verfügbar. Das war vor 30 Jahren noch ganz anders, als ich mit der Ahnenforschung begonnen habe. Da hat man noch in die Pfarren gehen müssen oder ins Landesarchiv“, erinnert sich Rienesl.
„Aufgrund des Datenschutzes sind die Daten der letzten 100 Jahre geschützt. Erst ab dann kann man mit den Nachforschungen beginnen. Das bedeutet, dass man meist mit den Einträgen der Großeltern oder Urgroßeltern im Geburtenbuch beginnt. So erhält man die Namen von deren Eltern und damit auch den Mädchennamen der Mutter der Groß- oder Urgroßeltern. Wenn dann möglicherweise neben dem Wohnort auch noch der Heiratsort und das Datum vermerkt sind, dann wird die Sache schon einfacher. Dann führt man im Trauungsbuch die Recherche fort, sucht deren Hochzeit heraus und da sind dann wiederum die Eltern des Brautpaares angeführt. Und so arbeitet man sich von Generation zu Generation – zunächst immer auf dem direkten Weg ohne Seitenlinien“, erklärt Rienesl, der seine Familie auf allen Wegen 450 Jahre in die Vergangenheit zurückverfolgen kann. Zu seinen Vorfahren zählt er Bartholomäus Trillsam, den Beichtvater Kaiserin Maria Theresias und einstigen Direktor der Universität Wien.
Die Herausforderungen der Ahnenforschung
„Die Geburten-, Sterbe und Trauungsbücher wurden ab ca. 1615 geschrieben. Will man weiter in die Vergangenheit zurückgehen, dann muss man in den Herrschaftsbüchern nachschauen. Allerdings macht das häufig nur dann Sinn, wenn die Vorfahren Besitz hatten. Zählten die Ahnen beispielsweise zum Gesinde, das oft den Bauern und damit auch die Gemeinde gewechselt hat, wird die Nachverfolgung schwierig“, weiß er zu berichten.
„Die Ahnenforschung ist zudem ein durchaus detektivisches Verfahren, da es eine große Herausforderung sein kann, die Handschriften und Abkürzungen der Pfarrer zu entziffern. Häufig nutzten Pfarrer Floskeln oder Kürzel, die kaum oder gar nicht zu lesen sind. Dann muss man im entsprechenden Dokument oft zehn Jahre zurücklesen, um herauszufinden, was mit dem Kürzel gemeint ist. Manchmal kommt es auch vor, dass ein Pfarrer eine wunderschöne Handschrift hatte und sich seine Schrift plötzlich ins Unleserliche verändert. Häufig fordert die Zusatzrecherche in Pfarrbüchern dann die Ursache zutage: Der Pfarrer hatte einen Schlaganfall erlitten. In solchen Fällen kann es dann tatsächlich bis zu zehn Stunden dauern, bis ich das Geschriebene entziffern kann“, führt Rienesl aus und weiter: „Ahnenforschung wird komplexer, je größer die Einwohnerzahl des Ortes ist, wo der Gesuchte geboren wurde. Im Vergleich zum ländlichen Oberösterreich hat Linz beispielsweise viel mehr Pfarren und wenn man nicht weiß, wo genau jemand geboren wurde, dann muss man bei allen Pfarren suchen.“
Außerdem geht die Ahnenforschung häufig mit der Beschäftigung mit historischen Zusammenhängen einher. „Bei Todesfällen kann einem das schon auch ein wenig nahegehen – gerade wenn von den Pockenepidemien oder Fraisen (epileptische Anfälle, Fieberkrämpfe, Krampfanfälle, die bei Säuglingen zum frühen Tod führten) Kinder in großer Zahl betroffen waren“, erklärt Rienesl.
Vom Hobby zur Passion
War die Ahnenforschung bisher ein Hobby, so nimmt Rienesl seit seiner Pensionierung nun auch Aufträge an. Da kann es schon vorkommen, dass er in eine umfangreiche Ahnenforschung, die 400 Jahre umfasst und die Vorfahren auch auf allen Seitenlinien 200-250 Jahre zurückverfolgt, um die 200 Arbeitsstunden steckt. Nicht selten bestehen seine Beschreibungen zur Familie dabei aus 50 Seiten sowie diversen Auszügen aus Urkunden und Dokumenten.
Vortrag in Leonding
„Leider ist die Ahnenforschung ein Hobby, das ausstirbt. Daher möchte ich mein Wissen gerne weitergeben und Menschen auf dieses spannende Feld aufmerksam machen“, erklärt Rienesl. Wer mehr über Ahnenforschung und Rienesls Arbeit erfahren möchte, hat am 15.11.2023 um 19:00 Uhr Gelegenheit dazu. Er wird im Gasthaus Niederberger (Adresse: Holzheim 5, 4060 Leonding) seinen Zuhörenden im Rahmen eines Vortags erklären, wie man eine Ahnenforschung beginnt, in welchen Quellen man die entsprechenden Informationen über Vorfahren findet und wie man sich Zugang zu diesen verschafft. Er freut sich immer über einen Besuch in Leonding, der Stadt, in der er geboren und aufgewachsen ist, 18 Jahre im Gemeinderat tätig war und bis heute im Vorstand des Gartenbauvereins ist. „Leonding ermöglicht ein Leben im Grünen. Es ist zwar eine Stadt, gleichzeitig hat man aber das Gefühl, am Land zu sein. Gerade Rufling hat sich bis heute einen Dorfcharakter bewahrt – hier hilft man einfach zusammen“, freut sich Rienesl.